A-Team

Partys, Ausstellungen, Festivals und Lesungen – das klingt nach Spaß, wohltuender Entspannung oder bereichernder Unterhaltung und Weiterbildung. Doch gerade dort, wo ausgelassen gefeiert wird, sich viele Menschen an einem Ort versammeln oder sich unbedacht ihren Sinneseindrücken hingeben, kommt es auch zu unbedachten Grenzverletzungen oder sogar gezielten Übergriffen. Dies können rassistische oder sexistische Sprüche sein, aber auch Handgreiflichkeiten und verbale Attacken bis hin zur Bedrohung der körperlichen und seelischen Unversehrtheit. Um für Grenzverletzungen und Übergriffe zu sensibilisieren und um Betroffene zu unterstützen, gibt es das Awareness-Team. Damit wollen wir uns dem Ziel nähern, dass wir ALLE entspannt feiern können und uns wohl fühlen.

Das A-team

Seit 2017 arbeiten wir in erster Linie praktisch, indem wir bei Parties, Paraden, Festivals etc. Awareness-Strukturen stellen oder Veranstalter*innen darin unterstützen. Daneben setzen wir uns theoretisch mit Awareness auseinander und geben Workshops.

Unsere Idee ist es, „Awareness“ strukturell in Freiburg zu verfestigen, indem wir einen Pool an Menschen, Infos, Konzepten, Materialien auf unserem Blog bereitstellen.

Awareness – was bedeutet das für uns?

Zunächst einmal kommt der Begriff aus dem Englischen, „to be aware“, und bedeutet, sich bewusstsein, sich informieren, für gewisse Problematiken sensibilisiert sein.

Wir, als Awareness-Gruppe, verwenden den Begriff herrschaftskritisch. Dabei wird sexistischem, rassistischem, homophobem, transphobem, ableistischem oder vergleichbarem übergriffigen Verhalten entgegengetreten, auch in unserem nächsten Umfeld.

Awareness bedeutet für uns eine Haltung – sich der gesellschaftlichen Machtverhältnisse bewusst zu werden, in denen diskriminierendes Denken und Handeln tief verwurzelt sind.

Denn das Bewusstsein dafür ermöglicht erst die kritische Selbstreflexion und damit eine aktive Verantwortungsübernahme für Grenzüberschreitungen und Übergriffe. Über die theoretische Auseinandersetzung hinaus vermitteln wir einen praktischen Umgang mit Diskriminierung und Gewalt.

Wie wir arbeiten:

  1.  Wir geben Workshops. Darin geht es theoretisch um Diskriminierungsverhältnisse, Grenzüberschreitungen und Übergriffe, sowie die Konzepte Definitionsmacht, Parteilichkeit und Empowerment. Die Theorie wird durch praktische Übungen ergänzt mit dem Ziel, sich der eigenen Grenzen bewusst zu werden und die Grenzen anderer zu erkennen, betroffenen Personen aufmerksam zuzuhören, für sie Partei zu ergreifen und sie darin zu unterstützen, selbstbestimmt zu handeln.
  2. Wir unterstützen Betroffene und organisieren Awareness-Strukturen bei Parties, auf Festivals und Demos. Dann sind wir mit einem Awareness-Stand präsent und informieren Besucher*innen, sensibilisieren sie somit für das Thema und fordern sie dazu auf, ihr Umfeld aufmerksam wahrzunehmen und Verantwortung zu übernehmen, wenn sie Grenzüberschreitungen und Übergriffe wahrnehmen. Außerdem sind wir für betroffene Personen da, wir hören zu und bieten Unterstützung.
  3. Wir treffen uns als Awareness-Gruppe und setzen uns selbst mit dem Thema auseinander. Wir besprechen eigene Erfahrungen und unterstützen uns gegenseitig. Wir sprechen mit Verantalter*innen über ihre Party-Planung und organisieren mit ihnen die Awareness-Strukturen.

Worum geht’s bei uns?

In unserer Arbeit soll es nicht nur um Krisenintervention und Symptombekämpfung gehen, sondern darum, Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für übergriffiges Verhalten, Grenzüberschreitungen, Sexismus, Rassismus und jegliche Form von Diskriminierungen zu erzeugen. Unsere Arbeit hat das Ziel, Menschen, die Grenzüberschreitungen erlebt haben, zu unterstützen und sie darin zu bestärken, handlungsfähig und selbstbestimmt zu werden. Das Gefühl von Ohnmacht soll möglichst überwunden und die eigenenGrenzen erkannt und vertreten werden.

Wofür kann das Awarenessteam da sein?

Ziel soll sein, dass sich die Betroffene befähigt fühlt, Entscheidungen treffen zu können. Das kann bedeuten, der betroffenen Person zu ermöglichen, auf dem Fest zu bleiben, wenn sie*er das möchte. Das kann auch sein, dass die betroffene Person mit einem guten Gefühl nach Hause gehen kann, oder auch, einen Schutzraum für die Person zu schaffen. Wenn es dafür nötig ist, die als bedrohlich empfundenen Personen vom Ort zu verweisen, können wir das in Zusammenarbeit mit dem Deeskalations-/Schutzteam umsetzen. In Absprache mit Betroffenen kann die Kommunikation mit der übergriffigen Person, falls gewünscht, auch von uns übernommen werden. In manchen Fällen wenden wir uns im Einverständnis der Betroffenen an die Beratungsstelle Frauenhorizonte. Diese ist 24 h erreichbar und innerhalb von 30 Minuten vor Ort. Sie handeln ebenfalls parteilich und im Sinne der Betroffenen. 

Warum ist Awareness wichtig?

Ein Beispiel: Am 14.10. wurde im Freiburger Norden eine Frau* durch mehrere Täter vergewaltigt. Drei Tage später meldete die Polizei eine Gruppenvergewaltigung. Erst neun Tage später erzeugte der Vorfall bundesweit Schlagzeilen, nachdem bekannt wurde, dass Menschen mit syrischer Herkunft verhaftet wurden. Es folgte eine Vereinnahmung zu politischen Zwecken: von Seiten der AfD wurde gegen eine„fehlgeschlagene Flüchtlingspolitik“ Stimmung gemacht, in Stadt und Land wurde der Vorfall zur Legitimation verschärfter Sicherheitsvorkehrungen instrumentalisiert und vermehrte Forderungen nach Abschiebung laut. Die Stadt Freiburg versucht nun ihr Sicherheitskonzept zu verschärfen. Ein erster Vorgeschmack bot die „nächtliche Großkontrolle“ in der Nacht vom 23. auf den 24. November. 600 Personen mussten sich von bewaffneten Beamt*innen ohne konkreten Anlass kontrollieren lassen.

Hier wird deutlich: die Vergewaltigung wird instrumentalisiert, um einen nationalistischen Diskurs gegen „Ausländer“ zu befeuern. Weiße Männer sehen sich berufen, für die Sicherheit „ihrer“ Frauen zu sorgen – damit werden antifeministische Argumente bedient. Die Stadt Freiburg nutzt den Fall, um eine stärkere Überwachung und Kontrolle der Bevölkerung zu rechtfertigen.

Aber: Vergewaltigungen in Clubs und auf dem Nachhauseweg werden weiterhin stattfinden. Und genausowenig werden die politischen „Maßnahmen“ im privaten Bereich wirksam – dem Ort, an dem die meisten sexuellen Übergriffe geschehen. In der Summe also nutzen diese“Maßnahmen“ vor allem jenen, die sie verkündenden: weißen, heterosexuellen Männern, die politisch an der Macht bleiben möchten.

Deshalb ist unsere Arbeit wichtig: wir schaffen ein Bewusstsein für die gesellschaftlichen Machtverhältnisse und fordern die Gesellschaft auf, Verantwortung zu übernehmen.

Dies erreichen wir durch fünf Grundsätze:

  1. Definitionsmacht beinhaltet einen Perspektivenwechsel, eine Machtumkehr. Nicht ein bürgerliches Strafsystem, ein Gericht, das Umfeld oder die Gesellschaft benennen und entscheiden, sondern die betroffene Person. Nur sie*er benennt die Tat / das Erlebte. Nur sie*er kann den Grad der Verletzung benennen. Betroffene brauchen sich nicht zu beweisen oder zu erklären. Was und wie viel sie mitteilen wollen und wie damit umgegangen wird, liegt bei ihnen.
  2. Mit einer parteilichen Haltung stellen wir uns an die Seite derer, die von Herrschaftsverhältnissen ausgebeutet / unterdrückt werden, aus der Überzeugung heraus, dass dies notwendig ist. In der Awareness-Arbeit bedeutet das, dass wir uns uneingeschränkt auf die Seite der betroffenen Person stellen – uns mit ihr*ihm solidarisieren. 
  3. Das Konzept der Definitionsmacht und die parteiliche Haltung führen zur Selbstermächtigung. Die betroffene Person erlebt Selbstwirksamkeit, indem sie darin unterstützt wird, selbst zu entscheiden, was ihr guttut, was sie braucht und wie es weiter gehen soll.
  4. Es ist wichtig, die eigenen Grenzen zu kennen und zu achten. Gerade in Situationen, in denen wir Anderen Unterstützung anbieten, wird dies zu einer Herausforderung! Das liegt unter anderem daran, dass wir uns häufig selbst betroffen fühlen und auch Teil der Herrschaftsverhältnisse sind. 
  5. Es geht bei der Umsetzung von Awareness-Strukturen nicht nur um Krisenintervention und Symptombekämpfung, sondern auch darum, Aufmerksamkeit und Sensibilisierung für übergriffiges Verhalten, Grenzüberschreitungen, Sexismus, Rassismus und jegliche Formen von Diskriminierung zu erzeugen.

Du hast Lust beim A-Team Freiburg mitzumachen?

Einmal im Monat, immer am zweiten Montag im Monat, veranstalten wir mit femBPM eine offene Kneipe. Kommt gerne dazu! 
Zusammen gemütlich feministischen Beats lauschen, rumhängen & quatschen, vernetzen & Utopien spinnen.
Außerdem sind wir vom A-Team für euch ansprechbar bei persönlichen Anliegen, Workshop- und Veranstaltungsanfragen. Und auch wenn du einfach Interesse an unseren Gruppen hast und mal reinschnuppern möchtest bist du herzlich eingeladen!
+++ COVID +++ macht uns gerade einen Strich durch die Rechnung!
Wir melden uns wann und wo die nächste Kneipe stattfinden kann, so lange kannst Du uns per Mail kontaktieren.